Raupach Keramikmaschinenfabrik

In einer kleinen gemieteten Werkstatt in einem Hinterhof auf der Leipziger Strasse in Görlitz begann Richard Raupach im Alter von 27 Jahren sich ein eigenes Unternehmen aufzubauen. 1884 wird der Grundstein für das Fabrikgelände in der Süd-Stadt auf der Zittauer Straße gelegt.

Als besondere Spezialität, verlegte Richard Raupach sich auf die Verbesserung des Wirkungsgrades bestehender Dampfmaschinenanlagen. Um die Jahrhundertwende widmete sich Raupach der Entwicklung von Maschinen für die Tonindustrie. Zur Versorgung seiner Belegschaft gründete Raupach eine Stiftung mit der Bestimmung, dass deren Erträge zur Unterstützung seiner langjährigen Angestellten und Arbeiter sowie deren Witwen und Waisen dienen sollte.

 

Die Firma Raupach entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Industrieunternehmen in Görlitz. Begonnen hat Richard Raupach mit einer Hand voll Schlosser und einigen Werkzeugmaschinen damit, ältere und unwirtschaftlich arbeitende Dampfmaschinen und Kesselanlagen umzubauen. Seine Maßnahmen waren durchweg erfolgreich. Dadurch ermutigt und von regem Unternehmungsgeist beseelt, baute er nach kurzer Zeit selbst in seiner Werkstatt Dampfmaschinen. Bereits 1880 verließ die erste Dampfmaschine den kleinen Fabrikraum. Noch im selben Jahr nahm Richard Raupach den Bau von Ziegeleimaschinen auf. Der Ausbau dieses Fabrikationszweiges sollte von nun an seine Lebensaufgabe sein. Raupach-Maschinen erlangten dank ihrer Güte weithin Bekanntheit und waren begehrt. Auf dem großen Grundstück an der Pomologischen Gartenstraße wurde die neue Fabrik errichtet. Diese wuchs in den kommenden Jahren sehr schnell, hatte eine eigene Gießerei und einen hochmodernen Werkzeugmaschinenpark. Quelle: Ton-Industrie Zeitung (1921)

Richard Raupach stirbt Ende 1921 bei einem Autounfall. Die Söhne Walter und Gerhard und die Tochter Sophie verh. Möllhausen übernehmen den gesamten Besitz, die Söhne die Führung des Familienunternehmens. Nach dem Krieg durch die Besatzer verhaftet, bleibt das Schicksal von den Söhnen viele Jahrzehnte unbekannt. Walter Raupach starb am 10. März 1947 im Speziallager Bautzen. Er wurde 64 Jahre alt. Gerhard Raupach starb am 26. Juli 1945 im NKWD-Lager Tost in Oberschlesien. Er wurde 56 Jahre alt.

 

Die Festschrift 50 Jahre Raupach Maschinenfabrik von 1928 illustriert das Werden des Görlitzer Industriepioniers. Das Dachziegel-Archiv pflegt das Erbe von Richard Raupach. Interessante Hintergründe und biografische Angaben die in Vergessenheit geraten sind, hat das Archiv online gestellt. Link


Dampfmaschinen und keramische Maschinen sind das Aushängeschild der Raupach Maschinenfabrik

Auf Grund des großen Erfolges der Entwicklung von Maschinen für die Tonindustrie entstand 1908/09 ein Zweigwerk der Görlitzer Maschinenfabrik in Warnsdorf. Das Kerngeschäft lag in der Herstellung von Antriebs- und Anlagen für die keramische Industrie und verwandten Branchen, einschließlich aller Hilfsmaschinen, Werkzeuge und Ersatzteile. Durch die Wirren des 1. Weltkrieges und die Weltwirtschaftskrise können sich die Raupachs behaupten. Der 2. Weltkrieg verändert alles.

Das Raupachwerk im heute tschechischen Varnsdorf nimmt sich klein auf dem TOS Areal

Am Ende des Krieges liegen Teile des Unternehmens in Warnsdorf zerstört, die Machinen sind Teil der Kriegsbeute. Die Wiederaufnahme der Produktion  erfolgt durch Beschluss in Prag im Jahr 1947. Staatliche Stellen erkennen schnell den Fachkräftemangel, der in Folge von Krieg und Vertreibung. Noch unter dem Namen der früheren Eigentümer firmierend, erfolgt 1949 die Tilgung des Firmennamens und die endgültig Übernahme in staatliche Verwaltung.

Eine Görlitzer Firmengeschichte die alle Höhen und Tiefen kennt

1875 Gründung der Maschinenfabrik durch Richard Raupach. Sein Motto "Wer nicht wagt, gewinnt nicht". Er etabliert sich in einem Hinterhaus (vier Zimmer und ein freier Raum, früher Pferdestall) mit zwei aus der Konkursmasse der ehemaligen Maschinenfabrik Sorau gekauften Drehbänken, einer neuen Hobelmaschine und einer Lokomobile (deren Kosten: 600 Mark). Sein Schulfreund, Ingenieur Roscher, wird als Konstrukteur eingestellt. Raupach befaßt sich anfangs insbesondere mit Umbau und Reparatur von Dampfmaschinen  
1884 Bau eines neuen Werks an der Zittauer Straße in der Görlitzer Süd-Stadt
1909 Der älteste Sohn Richard Raupachs, Walter, wird nach mehrjähriger praktischer Tätigkeit und dem Ingenieurstudium zum Geschäftsführer ernannt.

Auf Grund des großen Erfolges der Entwicklung von Maschinen für die Tonindustrie.

entsteht 1908/09 das Zweigwerk in Warnsdorf.

1921 Der Firmengründer stirbt Ende 1921 bei einem Autounfall. Die Söhne Walter und Gerhard und die Tochter Sophie verh. Möllhausen übernehmen den gesamten Besitz, die Söhne die Führung des Familienunternehmens.

 

1945 Demontage der Firma nach der Eroberung von Görlitz durch die Rote Armee. Die noch 180 Mann starke Belegschaft muß die gesamte Fabrik (einschl. der technischen Zeichnungen und Modelle) völlig ausräumen. Die Brüder Raupach kommen in Haft. zit. Ronny Kabus: Im Zweiten Weltkrieg ist die Firma auch zur Rüstungsproduktion verpflichtet und beschäftigt Zwangsarbeiter. Walter und Gerhard Raupach bleiben nach Kriegsende in Görlitz. Gerhard Raupach wird Anfang Juni 1945 aus der Straßenbahn heraus von der Görlitzer Operativgruppe der Spionageabwehr „Smersch“ verhaftet und ins Speziallager Bautzen verbracht. Von dort geht er am 11. Juli auf Transport ins NKWD-Todeslager Tost, wo er bereits am 26. Juli im Massengrab endet. Gerhards älterer Bruder Walter Raupach kommt am 28. Juni der Aufforderung der Polizeiverwaltung nach, sich bei Mitgliedschaft in der NSDAP oder deren Gliederungen zu melden. Bereits am Mittag holt ihn die Görlitzer Operativgruppe des NKWD ab und bringt ihn ins Gefängnis auf dem Postplatz. Anfang Juli geht es nach Bautzen. Walter Raupach verliert dort am 10. März 1947 sein Leben. Er wird 1996 von der Militärhauptstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitiert
1948 Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland stellt die Firma der sächsischen Landesregierung zur Verfügung, unter dem Befehl Nr. 64. Die Landesregierung enteignet den gesamten Firmenbesitz entschädigungslos, und die Firma wird in den Volkseigenen Betrieb "VEB Kema" umgewandelt. Der Verbleib und das Wohlergehen der Raupach-Brüder ist jahrelang unbekannt. Walther und sein Bruder Gerhard sterben in der Haft. Die genauen Umstände werden erst Jahrzehnte später bekannt.

 

 

Bereits 1948 wird der gesamte Firmenbesitz entschädigungslos enteignet, und die Firma wird in den Volkseigenen Betrieb "VEB Kema" umgewandelt. Die Produktion kann an alte Erfolge am Standort in der Süd-Stadt anknüpfen.Tradition, Erfahrung und Qualität waren auch 100 Jahre nach Begründung des Görlitzer Keramikmaschinenbaus den Werktätigen des VEB Keramikmaschinen (Kema) ein wichtiges Anliegen. In den Nachkriegsjahren in Verruf gekommen, wie alle Unternehmen leistete das Werk einen Anteil an der NS-Kriegswirtschaft, würdigte man seinerzeit 1970 die Leistungen Richard Raupach - eine Rückbesinnung und Fortschreibung seiner Leistungen für den Keramikmaschinenbau.

 

Nach Übernahme des Betriebes in privatwirtschaftliches Management, sind die alten Hallenanlagen heute verwaist. Die BMS-KEMA nutzt heute eine der in DDR Zeit entstanden Grossbauhallen. Aktuell werden für neue Nutzungen Pläne geschmiedet für das weitläufige Areal.

„Zum Andenken an Commerzienrat Richard Raupach 1852-1921. Gründer der Maschinenfabrik und dieses Parkes“ steht auf der Tafel im Tierpark Görlitz geschrieben. Der Tierpark Görlitz wurde 1957 eröffnet Hervorgegangen ist die gern und viel besuchte Anlage aus dem Privatpark der dem Fabrikbesitzer Richard Raupach gehörte; gelegen unmittelbar gegenüber der Maschinenbaufabrik an der Zittauer Straße. Nach 1945 wurde die Parkanlage mit vielen alten Bäumen den Görlitzer Bürgern übergeben als "Park der Werktätigen".

Raupach Maschinenfabrik in der Görlitzer Süd-Stadt, auch bekannt als KEMA. Aufnahme 2014

Die "Görlitzer Gründerzeit" ist Synonym in der Neißestadt für den wirtschaftlichen Aufschwung zu Beginn des 20. Jahrhunderts wie auch die bauliche Erweiterung von gründerzeitlichen Quartieren die bis heute in ihrem Grundbestand erhalten geblieben sind. Mit der Beschäftigung über das Wirken von Menschen will das Projekt zurückführen in das Leben in den Strassen von Görlitz im Wandel der Zeiten. Längst vergessene Orte und zum Teil vergessene Biografien ausfindig machend. Innerhalb der Zeitensprünge-Programme können sich Jugendliche mit den historischen Ereignissen ihrer unmittelbaren Umgebung auseinander setzen und dabei ein Gespür für ihre Heimat entwickeln. Jungen Menschen wird somit die Möglichkeit eröffnet, Geschichte konkret und real für sich selbst und andere erfahrbar zu machen. Vom Erfindergeist der Pioniere der Gründerzeit und den Vorzügen des Lebens in den Gründerzeitquartieren von Görlitz profitieren Stadt und Einwohner bis heute. Die Teilnehmenden des Projekts gingen auf Spurensuche nach Persönlichkeiten, stellten exemplarisch Vertreter verschiedener Epochen vor.  Zeitzeugeninterviews sind entstanden und Filmbeiträge im Ergebnis.

In Görlitz haben sich Schüler einer 9. Klasse des Augustum-Annen-Gymnasiums ein besonderes Projekt ausgedacht, um die Geschichte ihrer historischen Industriegebäude in Erinnerung zu behalten. Sie entwickelten gemeinsam mit dem SAEK Görlitz einen Stadtrundgang zu sechs vergessenen oder immer weniger bekannten Standorten des ehemaligen Görlitzer Industrie-lebens.